tensegrales Training:

Gibt es so etwas überhaupt?  (Artikel 5 von Thies Böttcher)


Erinnern wir uns: "Biotensegrity" ist kein Begriff, für den es eine verbindliche Definition gibt. Es beschreibt die Art und Weise, in der lebende Körper an Land organisiert sind, um mit der Schwerkraft ökonomisch umgehen zu können.

 

Warum Logik nicht hilft:

Vor diesem Hintergrund kann man zu Recht behaupten, dass es kein tensegrales Training geben kann. Dies ist genauso absurd wie die Aussage: ich heute übe, ein Mensch zu sein....ich bin ein Mensch Selbst wenn ich üben würde, ein Tier zu sein, bleibe ich trotz allen Bemühens ein MenschKorrekt hingegen ist die Aussage, dass man das tensegrale System durch Training positiv beeinflussen möchte.

 

Mit der gleichen Argumentation lässt sich sagen, dass ALLES ein tensegrales Training ist, da man eben immer ein tensegrales System trainiert. So kommen wir also nicht weiter.


Ein Versuch der Definition:

Als Minimalkonsens ist es möglich die Aussage zu treffen, dass es immer das Bestreben sein muss, das tensegrale System in Funktion zu bringen und das System dann zu optimieren. Alle Ansätze, welche veraltete Erklärungsmodelle als Grundlage haben, sind sehr kritisch zu hinterfragen. Dazu gehört zum Beispiel der Versuch, die Vorhand über eine Art Hebel zu entlasten, indem das Pferd weit untertritt und die Vorhand so anhebt. Genauso steht auch die Idee, das Pferd zwischen Schenkel und Hand zusammenzuschieben im Widerspruch zum biotensegralen Training..

 

funktionales Bewegungstraining

Wie im Vorartikel beschrieben, sorgt die korrekte Spannung innerhalb der myofaszialen Strukturen dafür, dass sich die Gelenke innerhalb ihrer physiologischen Grenzen bewegen. Die tensegralen Regulation vermindert die Asymmetrien im Körper.  Dieser Aspekt ist also keineswegs neu- Es ist das Ziel einer jeder Reitweise, welche man seit Jahrhunderten verfolgt. Das Wissen ums die Biotensegrität kann jedoch helfen, diese Entwicklung smart zu gestalten und Irrwege eher zu erkennen.

 

Um dieses Ziel zu erreichen, gibt es viele Ansätze. Neben dem klassischen Ansatz der Dressur im ursprünglichen Sinne wird auch gerne mit extremen Haltungen des Pferdes gearbeitet. Ob dies sinnvoll ist und welche Gefahren dies mit sich bringt, wird in einem anderen Artikel näher beleuchtet. 

 

Tensegrales Training in Reinform:

In strengster Betrachtungsweise orientiert sich ein tensegrales Training an den besprochenen Grundlagen. Dazu gehört immer eine gewisse Dynamik und die Schwungentwicklung aus dem Abdruck vom Boden. Der Flummi benötigt den Boden. Die Energie soll gespeichert und wieder abgegeben werden. Dadurch spannt sich das System immer weiter auf und kann die Energie besser durchlaufen lassen.

 

Dieses Konzept funktioniert weder schwunglos noch auf kleinen Volten mit starken seitlichen Biegungen und "sog." Drifts über die Schulter. Ständige Seitengänge und seitliche Verschiebungen sind langfristig kontraproduktiv für die Entfaltung des tensegralen Systems.

 

Allerdings muss beachtet werden, dass dieses Aufspannen nur funktioniert, wenn das tensegrale System dies zumindest teilweise leisten kann. Außer Funktion hingegen können entsprechende Bewegungen sogar belastend für den Körper sein. Ebenso ist die Entwicklung einer Haltungs- und Bewegungsvarianz wichtiger Faktor für die Entwicklung der Biotensegrität. 

 

Mein Fazit zum tensegralen Training:

Die tensegrale Regulation als auch das Aufspannen des Systems gehören zusammen. Das funktionale Bewegungstraining bringt das biotensegrale System in Funktion. Das eigentliche tensegrale Training hingegen arbeitet bewusst mit den tensegralen Funktionsweisen und bringt dem Pferd bei, immer besser mit dem Körpersystem zu arbeiten. In unserem Konzept des arthron bodywork lernt Ihr die Aspekte kennen, die uns wichtig in Bezug zum biotensegralen System wichtig sind sind. 

 

Die Problematik für den Pferdebesitzer:

Für den Pferdebesitzer gibt es ein klares Problem: Bucht man einen Kurs zum Thema tensegralen Training weiß man nie genau, was einen erwartet. Dies ist einer der Gründe dieser Artikelserie. Sie soll euch helfen, ein besseres Grundverständnis zu bekommen und zu wissen, welche (Teil-) Aspekte ein solches Training bedienen sollte.

Man kommt nicht daran vorbei, sich im Vorwege zu informieren, sei es auf der HP (in der Hoffnung, dass es dort auch offengelegt wird), im Gespräch mit dem Kursleiter oder aber als Zuschauer. Allerdings sollte man auch dort nicht nur darauf hören, was gesagt wird, sondern sich überlegen, welche Fähigkeiten das Pferd entwickeln soll. Für uns gehören die tensegrale Regulation, das Aufspannen des Systems und die Entwicklung der Haltungs- und Bewegungsvarianz in ein Gesamtkonzept.